Neues vom Johannes aus Amerika.
Wie es ihm so geht, was er so tut und was er besser unterlassen haette.
Was schon geschehen ist, wahrscheinlich noch geschehen wird und leider
nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann. Was er so treibt, wohin
es ihn treibt und mit wem ers gerne getrieben haette. Kurz und gut:
Das uebliche Gefasel.
EDITORIAL
Liebe Leute,
Jetzt bin ich schon einen ganzen Monat in Amerika und habe mir einige
Gedanken darue-ber gemacht, wie ich die Effizienz meiner allwoechentlichen
Mitteilungen erhoehen kann. Das Ergebnis dieser Ueberlegungen liegt
nun vor Euch: Die erste Ausgabe der DOUBLE-H-NEWS. Leider werden ihr
nicht mehr sehr viele folgen, da ich bekanntlich ab 5. Maerz wieder
im Land sein werde, aber 1-2 weitere werden es schon noch sein. Einiges
von dem, was in der ersten Ausgabe zu lesen ist, ist einigen von Euch
bereits bekannt. Ich bin aber der festen Ueberzeugung, dass diese
Personen auch an der ueberarbeiteten Version meiner bisher zur Kenntnis
gebrachten Abenteuer Ihre Freude haben werden.
Der Hauptgrund, der mich dazu veranlasst hat, die DOUBLE-H-NEWS herauszugeben,
ist schlicht und einfach der, dass ich ohnehin jedem dasselbe schreibe
und ich einfach keine Lust mehr hatte, mir jedesmal andere Formulierungen
einfallen zu lassen. Ausserdem kann ich mit Hilfe der NEWS ein breiteres
Publikum erreichen, das zudem mit mehr Informatio-nen versorgt werden
kann, da ich jetzt ja nur mehr einen und nicht mehrere Briefe schreiben
muss. Ich haette zwar wesentlich besseres zu tun, aber bevor ich ein
halbes Jahr lang hundert mal die selbe Geschichte erzaehlen muss,
tu ich es lieber jetzt nur einmal. In besonderen Faellen werde ich
den DOUBLE-H-NEWS einen ganz persoenlichen Drohbrief beifuegen, damit
ich die von mir am wenigsten geschaetzten Personen auch von Amerika
aus beschimpfen, bedrohen und laecherlich machen kann. Ich weiss,
dass kann niemals ein adaequater Ersatz fuer meine von Euch so schmerzlich
vermissten Verbalinjurien sein, aber in der Not frisst der Teufel
bekanntlich Fliegen. Hier also die erste der Ersatzfliegen . . .
Der Herausgeber
LETZTE MELDUNG: ES GIBT GEHSTEIGE IN AMERIKA!!!!
Diese Meldung scheint einer gewissen Laecherlichkeit nicht zu entbehren,
hat aber einen fuer mich als Nicht-Autofahrer sehr aergerlichen Hintergrund.
Wie Ihr ja alle wisst, hat es Ende Dezember/Anfang Jaenner maechtig
viel Schnee in Buffalo gegeben. Die Schnee-pfluege waren im Dauereinsatz
und haben die Strassen ziemlich schnell wieder befahrbar gemacht.
An die Gehsteige hat aber niemand gedacht, die lagen noch Wochen unter
mannshohen Schneewaechten. Jetzt, wo nach und nach alles wegtaut,
werden sie tatsaechlich sichtbar!
WETTER
Permanent bewoelkt, ab und zu Regen oder Schneefall, im ersten Monat
meines Aufent-haltes nur zwei schoene Tage. Was ich so hoere, scheint
bei Euch ja eine echte Winter-schlechtwetterorgie abzulaufen. Hoffentlich
ist das alles vorbei, wenn ich Anfang Maerz nach Salzburg zurueckfliege.
FERNSEHEN IN AMERIKA
In dem Haeuschen, in dem ich wohne, gibt es einen netten, grossen
Fernseher mit Kabel-anschluss und ca. 60 verschiedenen Programmen,
doppelt so vielen Werbepausen und noch mehr Schwachsinn als bei unseren
Privaten, aber auch einiges durchaus interessan-tes, vergnuegliches
und faszinierendes.
VH 1 zum Beispiel ist ein Musicchannel, den es auch bei uns gibt.
Er sendet einen ganzen Haufen guter Videos und permanent Dokumentationen
ueber alle moeglichen bekannten Gruppen und Solokuenstler. Es gibt
einen eigenen Si-Fi Channel, einige lokale und regio-nale Fernsehstationen
(kuerzlich haben sie doch glatt irgendeine Konferenz irgendeiner oertlichen
Schule uebertragen!), verschiedene Stationen, die klassische Hollywoodfilme
senden, diverse Sportkanaele, die so ziemlich alles senden inklusive
Kinderbowling, und und und . . . Wie Ihr Euch sicher vorstellen koennt,
habe ich mir mittlerweile ein profun-des Wissen ueber die amerikanische
Fernsehkultur angeeignet. Eines ist aber wirklich besonders aergerlich:
Haertere Schimpfworte werden ebenso gnadenlos zensiert wie nackte
Tatsachen. Absolut nichts bleibt verschont, kein Interview, kein Spielfilm,
keine Doku, nichts, absolut nichts entgeht den Zensoren. Jedes "Shit",
"Fuck" und saemtliche Abarten anderer ordinaerer Begriffe werden entweder
ueberpiepst oder schlicht und ein-fach rausgeschnitten - und das selbst
in Filmen, die an Gemetzel und Grausamkeiten kaum zu ueberbieten sind,
es mithin wesentlich grausigeres zu zensieren gaebe.
Es gibt aber auch wirklich erbauliche Programme, zum Beispiel TCT.
Wann immer du die-sen Kanal waehlst, du wirst ermutigt, gesegnet und
in deinem Glauben an Jesus Christus gestaerkt (wenn du bereits glaeubig
bist) oder dazu aufgerufen, dich dem einzig wahren Glauben zuzuwenden
(wenn du auf der Suche danach bist). Gottesdienste werden da zum Teil
in riesigen Hallen abgehalten, einen Gottesdienst wie wir ihn aus
der katholi-schen Kirche kennen gibt es bei vielen dieser Freikirchen
anscheinend nicht, jeder der moechte scheint sich hier zum Prediger
aufzuschwingen. Wirklich jeder! Kuerzlich schalte ich wieder auf,
steht doch ein Schwarzeneggerverschnitt im Trainingsanzug auf der
Buehne, hinter sich drei weitere Schwarzeneggerverschnitte in den
gleichen Trainings-anzuegen auf einer Bank sitzend und predigt den
Leuten von der Unwichtigkeit materieller Genuesse und wie er waerend
des Scheiterns seiner Footballspielerkarriere eines Tages in der Kabine
von einem aelteren Mitspieler bekehrt worden war. Echt beeindruckend.
Der konnte eine ganze Stunde lang seiner Evangelisationsbegeisterung
freien Lauf lassen, und es war nicht eine Minute langweilig. Diese
Prediger sind alle hervorragende Rhethoriker, die eine Stegreifpredigt
geschickt aufbauen indem sie emotionale Hoehepunkte mit be-sinnlichen
Momenten verbinden, um in einem gewaltigen Finale mit Rockband und
oft auch Gospelchor im Hintergrund die Leute zu wahren Begeisterungsstuermen
hinzureissen. Teilweise singen sie sogar selbst, und das gar nicht
mal so schlecht. Es gibt sogar eigene Jugendsendungen mit Videoclips
christlicher Bands, die ein hohes qualitatives Niveau besitzen und
jederzeit bei MTV gespielt werden koennten. Eine Jugendsendung heisst
"Acquire the fire" und ist eine Art Liveshow, die durch die Staaten
tourt und in Stadien aufgefuehrt wird. Vor einer der Tribuenen wird
eine riesige Buehne aufgebaut, tausende von Teenies werden mit einer
bizarren Mischung aus Live-Musik, Predigten und erbau-lichen Sketches
abendfuellend unterhalten. Mein Fazit: Die katholische Kirche ist
hem-mungslos fad im Vergleich zu den Dingen, die hier ablaufen.
Eine Schlussbemerkung zur Ski-WM, die ich per Internet und ORF-Homepage
mitverfolge: Kein Mensch hier interessiert sich dafuer. Ich habe kurze
Zeit versucht, per TV auf dem laufenden zu bleiben - keine Chance.
Die Rennen werden zwar uebertragen, aber in den Nachrichten hoert
man so gut wie nichts.
STUDIEREN
Einen grossen Teil meiner Arbeit habe ich in die ca. 20 Gehminuten
entfernte Lockwood Library verlegt, die quasi die hiesige Unibibliothek
darstellt. Die Oeffnungszeiten sind phae-no-me-nal, ich kann das ganze
Wochenende dort arbeiten, und unter der Woche ist sie in der Regel
bis Mitternacht geoeffnet. So manch andere Bibliothek hat sogar noch
laengere Oeffnungszeiten. Seit Wochen befinde ich mich in einem wahren
Kopierrausch, es gibt tonnenweise interessantes Material. Leider ist
das kopieren dort sehr teuer (oeS 1,20 pro Kopie), aber - um Martin
Luther zu zitieren - "Hier steh ich und ich kann nicht anders". Gluecklicherweise
ist es im Center for Inquiry wesentlich billiger. Wie es z. Z. aussieht,
werde ich einen Teil meiner Kleider mit der Post nach Salzburg schicken
muessen, um die ganzen Kopien in meinen Taschen unterbringen zu koennen
(ganz zu schweigen von den Buechern, die ich mir zulegen werde).
REISEN
Wohin zieht es einen kleinen vegetarischen Wurm wie mich? Natuerlich
in den BIG APPLE! In der dritten Februarwoche goenne ich mir einen
Kurzurlaub in New York
City. Ihr hoert dann wieder von mir und meinen Abenteuern in der
Neuen Welt.
Beste Gruesse an alle die mich lieben und von mir gerne geliebt werden
wuerden,
Euer Johannes
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