Ausgabe Nr. 1, 9. Feb. 1999

DOUBLE-H-NEWS



Neues vom Johannes aus Amerika.
Wie es ihm so geht, was er so tut und was er besser unterlassen haette.
Was schon geschehen ist, wahrscheinlich noch geschehen wird und leider nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann. Was er so treibt, wohin es ihn treibt und mit wem ers gerne getrieben haette. Kurz und gut: Das uebliche Gefasel.



EDITORIAL


Liebe Leute,

Jetzt bin ich schon einen ganzen Monat in Amerika und habe mir einige Gedanken darue-ber gemacht, wie ich die Effizienz meiner allwoechentlichen Mitteilungen erhoehen kann. Das Ergebnis dieser Ueberlegungen liegt nun vor Euch: Die erste Ausgabe der DOUBLE-H-NEWS. Leider werden ihr nicht mehr sehr viele folgen, da ich bekanntlich ab 5. Maerz wieder im Land sein werde, aber 1-2 weitere werden es schon noch sein. Einiges von dem, was in der ersten Ausgabe zu lesen ist, ist einigen von Euch bereits bekannt. Ich bin aber der festen Ueberzeugung, dass diese Personen auch an der ueberarbeiteten Version meiner bisher zur Kenntnis gebrachten Abenteuer Ihre Freude haben werden.

Der Hauptgrund, der mich dazu veranlasst hat, die DOUBLE-H-NEWS herauszugeben, ist schlicht und einfach der, dass ich ohnehin jedem dasselbe schreibe und ich einfach keine Lust mehr hatte, mir jedesmal andere Formulierungen einfallen zu lassen. Ausserdem kann ich mit Hilfe der NEWS ein breiteres Publikum erreichen, das zudem mit mehr Informatio-nen versorgt werden kann, da ich jetzt ja nur mehr einen und nicht mehrere Briefe schreiben muss. Ich haette zwar wesentlich besseres zu tun, aber bevor ich ein halbes Jahr lang hundert mal die selbe Geschichte erzaehlen muss, tu ich es lieber jetzt nur einmal. In besonderen Faellen werde ich den DOUBLE-H-NEWS einen ganz persoenlichen Drohbrief beifuegen, damit ich die von mir am wenigsten geschaetzten Personen auch von Amerika aus beschimpfen, bedrohen und laecherlich machen kann. Ich weiss, dass kann niemals ein adaequater Ersatz fuer meine von Euch so schmerzlich vermissten Verbalinjurien sein, aber in der Not frisst der Teufel bekanntlich Fliegen. Hier also die erste der Ersatzfliegen . . .

Der Herausgeber




LETZTE MELDUNG: ES GIBT GEHSTEIGE IN AMERIKA!!!!

Diese Meldung scheint einer gewissen Laecherlichkeit nicht zu entbehren, hat aber einen fuer mich als Nicht-Autofahrer sehr aergerlichen Hintergrund. Wie Ihr ja alle wisst, hat es Ende Dezember/Anfang Jaenner maechtig viel Schnee in Buffalo gegeben. Die Schnee-pfluege waren im Dauereinsatz und haben die Strassen ziemlich schnell wieder befahrbar gemacht. An die Gehsteige hat aber niemand gedacht, die lagen noch Wochen unter mannshohen Schneewaechten. Jetzt, wo nach und nach alles wegtaut, werden sie tatsaechlich sichtbar!


WETTER

Permanent bewoelkt, ab und zu Regen oder Schneefall, im ersten Monat meines Aufent-haltes nur zwei schoene Tage. Was ich so hoere, scheint bei Euch ja eine echte Winter-schlechtwetterorgie abzulaufen. Hoffentlich ist das alles vorbei, wenn ich Anfang Maerz nach Salzburg zurueckfliege.


FERNSEHEN IN AMERIKA

In dem Haeuschen, in dem ich wohne, gibt es einen netten, grossen Fernseher mit Kabel-anschluss und ca. 60 verschiedenen Programmen, doppelt so vielen Werbepausen und noch mehr Schwachsinn als bei unseren Privaten, aber auch einiges durchaus interessan-tes, vergnuegliches und faszinierendes.

VH 1 zum Beispiel ist ein Musicchannel, den es auch bei uns gibt. Er sendet einen ganzen Haufen guter Videos und permanent Dokumentationen ueber alle moeglichen bekannten Gruppen und Solokuenstler. Es gibt einen eigenen Si-Fi Channel, einige lokale und regio-nale Fernsehstationen (kuerzlich haben sie doch glatt irgendeine Konferenz irgendeiner oertlichen Schule uebertragen!), verschiedene Stationen, die klassische Hollywoodfilme senden, diverse Sportkanaele, die so ziemlich alles senden inklusive Kinderbowling, und und und . . . Wie Ihr Euch sicher vorstellen koennt, habe ich mir mittlerweile ein profun-des Wissen ueber die amerikanische Fernsehkultur angeeignet. Eines ist aber wirklich besonders aergerlich: Haertere Schimpfworte werden ebenso gnadenlos zensiert wie nackte Tatsachen. Absolut nichts bleibt verschont, kein Interview, kein Spielfilm, keine Doku, nichts, absolut nichts entgeht den Zensoren. Jedes "Shit", "Fuck" und saemtliche Abarten anderer ordinaerer Begriffe werden entweder ueberpiepst oder schlicht und ein-fach rausgeschnitten - und das selbst in Filmen, die an Gemetzel und Grausamkeiten kaum zu ueberbieten sind, es mithin wesentlich grausigeres zu zensieren gaebe.

Es gibt aber auch wirklich erbauliche Programme, zum Beispiel TCT. Wann immer du die-sen Kanal waehlst, du wirst ermutigt, gesegnet und in deinem Glauben an Jesus Christus gestaerkt (wenn du bereits glaeubig bist) oder dazu aufgerufen, dich dem einzig wahren Glauben zuzuwenden (wenn du auf der Suche danach bist). Gottesdienste werden da zum Teil in riesigen Hallen abgehalten, einen Gottesdienst wie wir ihn aus der katholi-schen Kirche kennen gibt es bei vielen dieser Freikirchen anscheinend nicht, jeder der moechte scheint sich hier zum Prediger aufzuschwingen. Wirklich jeder! Kuerzlich schalte ich wieder auf, steht doch ein Schwarzeneggerverschnitt im Trainingsanzug auf der Buehne, hinter sich drei weitere Schwarzeneggerverschnitte in den gleichen Trainings-anzuegen auf einer Bank sitzend und predigt den Leuten von der Unwichtigkeit materieller Genuesse und wie er waerend des Scheiterns seiner Footballspielerkarriere eines Tages in der Kabine von einem aelteren Mitspieler bekehrt worden war. Echt beeindruckend. Der konnte eine ganze Stunde lang seiner Evangelisationsbegeisterung freien Lauf lassen, und es war nicht eine Minute langweilig. Diese Prediger sind alle hervorragende Rhethoriker, die eine Stegreifpredigt geschickt aufbauen indem sie emotionale Hoehepunkte mit be-sinnlichen Momenten verbinden, um in einem gewaltigen Finale mit Rockband und oft auch Gospelchor im Hintergrund die Leute zu wahren Begeisterungsstuermen hinzureissen. Teilweise singen sie sogar selbst, und das gar nicht mal so schlecht. Es gibt sogar eigene Jugendsendungen mit Videoclips christlicher Bands, die ein hohes qualitatives Niveau besitzen und jederzeit bei MTV gespielt werden koennten. Eine Jugendsendung heisst "Acquire the fire" und ist eine Art Liveshow, die durch die Staaten tourt und in Stadien aufgefuehrt wird. Vor einer der Tribuenen wird eine riesige Buehne aufgebaut, tausende von Teenies werden mit einer bizarren Mischung aus Live-Musik, Predigten und erbau-lichen Sketches abendfuellend unterhalten. Mein Fazit: Die katholische Kirche ist hem-mungslos fad im Vergleich zu den Dingen, die hier ablaufen.

Eine Schlussbemerkung zur Ski-WM, die ich per Internet und ORF-Homepage mitverfolge: Kein Mensch hier interessiert sich dafuer. Ich habe kurze Zeit versucht, per TV auf dem laufenden zu bleiben - keine Chance. Die Rennen werden zwar uebertragen, aber in den Nachrichten hoert man so gut wie nichts.


STUDIEREN

Einen grossen Teil meiner Arbeit habe ich in die ca. 20 Gehminuten entfernte Lockwood Library verlegt, die quasi die hiesige Unibibliothek darstellt. Die Oeffnungszeiten sind phae-no-me-nal, ich kann das ganze Wochenende dort arbeiten, und unter der Woche ist sie in der Regel bis Mitternacht geoeffnet. So manch andere Bibliothek hat sogar noch laengere Oeffnungszeiten. Seit Wochen befinde ich mich in einem wahren Kopierrausch, es gibt tonnenweise interessantes Material. Leider ist das kopieren dort sehr teuer (oeS 1,20 pro Kopie), aber - um Martin Luther zu zitieren - "Hier steh ich und ich kann nicht anders". Gluecklicherweise ist es im Center for Inquiry wesentlich billiger. Wie es z. Z. aussieht, werde ich einen Teil meiner Kleider mit der Post nach Salzburg schicken muessen, um die ganzen Kopien in meinen Taschen unterbringen zu koennen (ganz zu schweigen von den Buechern, die ich mir zulegen werde).


REISEN

Wohin zieht es einen kleinen vegetarischen Wurm wie mich? Natuerlich in den BIG APPLE! In der dritten Februarwoche goenne ich mir einen Kurzurlaub in New York City. Ihr hoert dann wieder von mir und meinen Abenteuern in der Neuen Welt.


Beste Gruesse an alle die mich lieben und von mir gerne geliebt werden wuerden,
Euer Johannes


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